Forscher der Universität Rostock klären über Islamismus auf 

„In einer Zeit des zunehmenden Populismus ist es besonders wichtig, einen differenzierten Umgang mit Begrifflichkeiten innerhalb der Wissenschaft zu pflegen“, betont Dr. Nina Käsehage, Historikerin und Religionswissenschaftlerin an der Universität Rostock. Gemeinsam mit Professor Klaus Hock, Inhaber des Rostocker Lehrstuhls für Religionswissenschaft und Interkulturelle Theologie, hat sie aktuell einen Sammelband in englischer Sprache herausgegeben, der sich mit dieser auf den ersten Blick rein theoretisch anmutenden Problematik befasst. Der Titel, ins Deutsche übersetzt, lautet: „Militanter Islam“ oder „Islamischer Kampfgeist“? Religion, Gewalt, Begriffsbildung und angewandte Forschung. Umstrittene Felder im Wissenschaftsdiskurs. 

Das Werk enthält interdisziplinäre Beiträge, die sich mit der Frage befassen, ob und inwieweit bestimmte Begriffe wie beispielsweise „Salafismus“, „islamischer Extremismus“, „militanter Islam“, wissenschaftlich angemessen beschrieben werden. Dazu sagt Professor Klaus Hock: „Als Wissenschaftler müssen wir immer wieder unsere Begrifflichkeiten auf den Prüfstand stellen. Was genau ist Salafismus, was islamischer Extremismus und wie unterscheidet dieser sich von einem militanten Islam?“ Erst eine wissenschaftlich gründliche Aufarbeitung erlaube es, praxisrelevante Fragen zu beantworten, wie beispielsweise: Wie islamisch ist der islamische Terrorismus? Haben wir es mit einem militanten Islam oder mit islamisierter Militanz zu tun, mit gewalttätiger Religion oder religiös verbrämter Gewalt? Oder: Wie islamisch ist überhaupt der islamische Terrorismus? „Dabei ist auch der fachliche Deutungsrahmen wichtig, von dem die Behandlung dieser Themen abhängt. Deshalb geht es nur interdisziplinär: Die anwendungsbezogene Politikwissenschaft ist für die Politikberatung auf religions- und islamwissenschaftliche Grundlagenforschung angewiesen – und umgekehrt“, sagt Professor Hock. 

Dr. Nina Käsehage, die ihre praxisrelevanten Kompetenzen in vielen Fortbildungsveranstaltungen, unter anderem für die Landeszentrale für politische Bildung in Mecklenburg-Vorpommern, unter Beweis gestellt hat, ergänzt: „Das kontinuierliche Hinterfragen von Terminologien, insbesondere in Bezug auf das Phänomen des Salafismus, kann dazu beitragen, dass mit diesem Begriff verantwortungsvoller umgegangen wird. Hierdurch könnte verhindert werden, dass im Falle terroristischer Attentate nicht sämtliche Muslime befürchten müssten, medial pauschal als radikale Salafisten bezeichnet zu werden, obwohl sie selbst keineswegs mit der salafistischen Islaminterpretation konform gehen.“ 

Die beiden Rostocker Herausgeber konnten für den Sammelband international renommierte Forscher wie den Religionswissenschaftler Hans G. Kippenberg, den Islamwissenschaftler Reinhard Schulze oder den Historiker und Terrorismusforscher Alex P. Schmid als Autoren gewinnen. 

Klaus Hock und Nina Käsehage: 
‚Militant Islam‘ vs. ‚Islamic Militancy‘? Religion, Violence, Category Formation and Applied Research. Contested Fields in the Discourses of Scholarship. LIT Verlag 2020. 

Kontakt: 
Dr. Nina Käsehage 
Universität Rostock 
Theologische Fakultät 
Tel.: +49 381 498-8441 
nina.kaesehage@uni-rostock.de


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