Forscher wollen Geheimnisse des Meeres lüften

Professor Arne Arns hat gemeinsam mit anderen Forschern ein Rechenmodell entwickelt, mit dem sich Sturmfluten besser beschreiben lassen. Foto: privat
Professor Arne Arns hat gemeinsam mit anderen Forschern ein Rechenmodell entwickelt, mit dem sich Sturmfluten besser beschreiben lassen. Foto: privat

Wie gefährlich wird uns das Meer? „Eine Sturmflut an der Küste sattelt auf immer höhere Basiswasserstände auf“, sagt der Experte für Wasserbau. „Eine Sturmflut, die heute im statistischen Mittel etwa alle 100 Jahre auftritt, könnte Ende des Jahrhunderts dann deutlich häufiger, zum Beispiel jährlich über das Meer wüten“. Um Sturmfluten besser vorhersagen zu können, haben die Spezialisten um Professor Arns eigene Berechnungen durchgeführt. „Wir sehen, dass der aktuelle Bemessungswasserstand, d.h. der Wasserstand zur Festlegung der Höhe des erforderlichen Hochwasserschutzes, in Warnemünde im Jahr 2100 dann etwa alle zwei Jahre auftreten könnte“. Um die Physik des Meeres noch besser zu verstehen als es aktuell der Fall ist, seien aber weitere Modelle und Analysen notwendig. Erst hierdurch lassen sich detaillierte Aussagen für lokale und regionale Gebiete treffen. Für den promovierten Bauingenieur, der in seiner Freizeit immer mal beim Kitesurfen anzutreffen ist, geht es auch um „angepasste Konzepte für den Küstenschutz sowie der Raumnutzung“. Insbesondere den höchst verletzbaren Küstensaum müsse man streng im Auge behalten.

„Die Idee ist es, Sturmfluten so zu beschreiben, wie sie potenziell zum Ende des Jahrhunderts auftreten können“, sagt der Vater einer kleinen Tochter. „Wir wollen damit in der Lage sein, zukünftige Konsequenzen in Verbindung mit dem Klimawandel zu skizzieren und darauf aufbauend geeignete Schutzkonzepte entwickeln“. Deshalb erforscht Professor Arns seit Mai auch das Sturmflut-Risiko für die Ostsee. Ziel sei es, Aussagen über mögliche Schäden genauer zu benennen. „Wir arbeiten fächerübergreifend, beispielsweise mit Umwelt- und Ressourcenökonomen oder Ozeanographen“, sagt der 38-Jährige.  „Dass uns das Meer gefährlich werden kann, hängt auch damit zusammen, dass wir als Menschen zu nah ans Meer gerückt sind. Das hat lange Zeit gut funktioniert. Jetzt aber beobachten wir Veränderungen, die so vorher noch nicht beobachtet wurden“.

Die Konsequenzen? Professor Arns formuliert es so: „Deutlich früher als angenommen werden uns die Auswirkungen der Meeresspiegeländerungen vor Herausforderungen stellen.“  So werden niedrig gelegene Gebiete zunehmende Probleme bei der Entwässerung erleben. Sturmfluten und Wellen werden höher auflaufen, mit höherer Energie auf die Küsten treffen und Landverluste, die insbesondere durch die Einwirkung von Wellen verursacht werden, vermutlich ebenfalls zunehmen. „Jetzt geht es darum, die Aussagekraft und Belastbarkeit unserer Studien zu schärfen, damit wir die Gefahr möglichst realistisch abschätzen können“.

Die Analysen zu den genannten Themen würden zum Teil aber noch immer in den Kinderschuhen stecken, sagt Arns. „Wir wissen aber bereits, dass hydrologische Risiken eine bestimmte Abhängigkeitsstruktur aufweisen“. So treten Flusshochwässer z.B. infolge von Schneeschmelze auf, wenn die Sturmflutsaison meist bereits vorüber ist. Es gibt aber auch Ereignisse, die trotz dieser „Präferenz“ zeitgleich aufgetreten sind. Was heißt das für den Forscher? „Wir nutzen diese beobachtete Koinzidenz, also das Zusammentreffen dieser unterschiedlichen Gefahren, und versuchen unsere Modelle mit diesen Informationen zu füttern. Hieraus lassen sich Aussagen über die Wahrscheinlichkeit dieses Zusammentreffens, die Ausprägung und potenzielle Konsequenzen berechnen. Bislang bleiben diese Ereignisse, insbesondere Starkniederschläge, in der Risikoermittlung meist unberücksichtigt“.

Um die Zukunft zu planen, so der Rostocker Professor, „sollten wir die wertvollen Informationen der Vergangenheit nutzen“. Mit welchen Wasserständen müssen wir zukünftig rechnen?  „Schauen wir die letzten 1000 Jahre an, denn da sind an der Ostsee bereits Sturmfluten aufgetreten, die unser aktuelles Schutzniveau vielerorts überschreiten würden“.
Text: Wolfgang Thiel

 

Kontakt:
Professor Arne Arns
Universität Rostock
Tel.: +49 381 498-3760
arne.arns@uni-rostock.de


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