Experten aus aller Welt diskutieren in Rostock Lösungen zur Schadstoffsenkung der Schifffahrt

Modernste Ausstattung zur Erforschung klimaneutraler Schiffskraftstoffe. Am Flexi-Fuel 1-Zylinder Forschungsmotor für flüssige und gasförmige Kraftstoffe ist Doktorand Karsten Schleef zu sehen. (Foto: Universität Rostock/Thomas Rahr).
Modernste Ausstattung zur Erforschung klimaneutraler Schiffskraftstoffe. Am Flexi-Fuel 1-Zylinder Forschungsmotor für flüssige und gasförmige Kraftstoffe ist Doktorand Karsten Schleef zu sehen. (Foto: Universität Rostock/Thomas Rahr).

In diesem Jahr haben über 220 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 14 Ländern, darunter den USA, aus Kanada, Südkorea und Ägypten ihr Kommen zugesagt. „Ein Rekord“, sagt Doktorand Karsten Schleef, der die Veranstaltung maßgeblich mit vorbereitet. Die Tagung wird mit einem Grußwort von Claudia Müller, der Koordinatorin der Bundesregierung für Maritime Wirtschaft und Tourismus, eröffnet.

Motorenentwickler, Brennverfahrensforscher, Hersteller alternativer Kraftstoffe, Reeder, Werften, Schmieröllieferanten, Klassifikationsgesellschaften, die Chemische Industrie und Verfahrenstechniker, sie alle werden Themen zur Schadstoffsenkung von Großmotoren diskutieren. „Ziel ist es, den Fußabdruck der Schifffahrt kurzfristig zu verbessern“, sagt Karsten Schleef. Immerhin will die internationale Schifffahrt bis 2050 klimaneutral werden. Dafür sind alternative Kraftstoffe nötig. Nicht der Motor als Energiewandler sei das Problem, sondern die fossilen Brennstoffe.

Am Lehrstuhl, den Professor Bert Buchholz leitet, laufen aktuell unter anderem drei EU-Projekte zur maritimen Energiewende. Möglichkeiten für saubere Antriebe gebe es einige. Deshalb laufe die Forschung technologieoffen, sagt er. Dabei geht es beispielsweise um das Nutzen von biobasierten Kraftstoffen, die aus biologischen Reststoffen wie u.a. Grünschnitt hergestellt werden sollen. „Bereits heute haben wir Möglichkeiten, die Klimawirkung von Schiffskraftstoffen schrittweise zu reduzieren. Für eine vollständige Klimaneutralität werden wir zukünftig synthetische Kraftstoffe und Energieträger benötigen“, unterstreicht Professor Buchholz.

Während sich die Experten 2010 auf der ersten Großmotorentagung vor allem mit Wirkungsgradsteigerung, also weniger Kraftstoffverbrauch der Großmotoren beschäftigten, geht es heute vor allem um Defossilisierung, sprich, die Schifffahrt durch erneuerbare Energieträger CO2-neutral zu machen.

Deshalb spiegelt das Programm der Großmotorentagung auch den neuesten Stand von Forschung und Entwicklung im Bereich der klimaneutralen Schiffsantriebe wider. Denn neben der schiffbaulichen Optimierung und Energieeinsparung könne die maritime Energiewende nur durch den Einsatz klimaneutraler Kraftstoffe gelingen, betont Professor Buchholz immer wieder. Immerhin beträgt der CO2-Ausstoß der internationalen Schifffahrt mit ihren mehr als 90 000 Handels- und Passagierschiffen etwa 2,8 Prozent am globalen CO2-Ausstoß.

Professor Buchholz sieht aber wegen der langen Nutzungsdauer von Schiffen auch in der Nachrüstung der Bestandsflotte einen wesentlichen Aspekt, der an den beiden Konferenztagen diskutiert werden wird. Denn es gehe darum, Belastungen für Mensch und Umwelt in Hafen- und Küstengebieten trotz des weiterhin global zunehmenden Schiffsverkehrs zu senken. „Die Wahl des verwendeten Kraftstoffs ist der wichtigste Schlüssel zur CO2-neutralen Schifffahrt“, betont Professor Buchholz. Die Potenziale von LNG als sauberem Energieträger für die Schifffahrt müssten ausgeschöpft und der unerwünschte Methanschlupf schnell und gründlich minimiert werden. Die Vorteile von LNG in Bezug auf den Schadstoffausstoß seien von hohem Wert, insbesondere zur Vermeidung von Umweltkonflikten in Häfen und Küstenregionen.

Für eine weitere deutliche Senkung der Treibhausgasemissionen stehen die Forscher vor der Herausforderung, die Einführung völlig neuer, klimaneutraler Kraftstoffe in der internationalen Schifffahrt in umfassender Weise voranzutreiben. Neben angepassten Kraftstoffnormen geht es um die Betrachtung der gesamten Prozesskette von einer möglichst effizienten Erzeugung der Kraftstoffe über deren Verteilung und Lagerung bis zur Speicherung an Bord und der Nutzung in sauberen Motoren und anderen Energiewandlern. Nur durch solche gesamtheitlichen Betrachtungen können praxistaugliche Lösungen gefunden werden.

Text: Wolfgang Thiel

Kontakt:
Prof. Bert Buchholz
Universität Rostock
Lehrstuhl für Kolbenmaschinen und Verbrennungsmotoren
Tel.: +49 381 498-9150
Mobil: +49 163 3240 590
www.lkv.uni-rostock.de


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