Forscher entwickeln Lebensdauerzähler für Windenergieanlagen

Die drei Doktoranden Johannes Luthe, Andreas Schulze und Stephan Häusler (v. l.) vor der im Projekt DynAWind² untersuchten Windenergieanlage des Rostocker Unternehmens W2E. (Foto: Universität Rostock/Julia Tetzke).
Die drei Doktoranden Johannes Luthe, Andreas Schulze und Stephan Häusler (v. l.) vor der im Projekt DynAWind² untersuchten Windenergieanlage des Rostocker Unternehmens W2E. (Foto: Universität Rostock/Julia Tetzke).

An dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Vorhaben sind neben dem Berliner Blattentwickler WINDnovation und dem Rostocker Windenergieanlagenentwickler W2E Wind to Energy auch die beiden Lehrstühle Technische Mechanik/Dynamik und Strukturmechanik der Universität Rostock beteiligt. Die Gesamtprojektleitung hat Professor János Zierath inne, der seit 2011 als Berechnungsingenieur bei W2E tätig und darüber hinaus außerplanmäßiger Professor für Strukturdynamik der Universität Rostock ist. Das Vorhaben zur Entwicklung eines Lebensdauerzählers für Windenergieanlagen basiert auf dem Ziel eines ressourcenschonenden Umgangs mit den eingesetzten Konstruktionswerkstoffen. „Auch wenn das Vorhaben auf kurzfristige Sicht für einen Windenergieanlagenentwickler betriebswirtschaftlich schädlich sein kann, so sieht W2E auch seine gesellschaftliche Verantwortung“, betont Zierath. Denn: Die Verantwortung für die Klima- und Energiewende liege nicht nur bei Politik und Bürgern, sondern auch bei den Unternehmen. Damit sieht W2E die Entwicklung eines Lebensdauerzählers auch als unternehmerische Chance und bietet nachhaltigen Windparkbetreibern ein zusätzliches Verkaufsargument ihrer Windenergieanlagen.  

Professor Christoph Woernle, Inhaber des Lehrstuhls für Technische Mechanik/Dynamik an der Universität Rostock, verweist darauf, dass die Gewinnung grüner Energie aus dem Wind eine allgemein anerkannte Methode sei. „Und doch steckt sie noch in den Anfängen“, sagt er. „Wie die Anlagen aufgebaut werden, ist allgemein bekannt. Aber was mit ihnen passiert, wenn sie das Ende ihrer vorgesehenen Betriebsdauer erreicht haben, dafür gibt es noch kein Patentrezept.“ Für einen sicheren Weiterbetrieb von Windenergieanlagen sind Informationen über deren Materialermüdung erforderlich. Um diese zu beurteilen, muss die Verformung der wichtigsten Tragstrukturen wie Turm und Rotorblätter über die gesamte Betriebsdauer messtechnisch erfasst werden. Um diese Messungen robust und kostengünstig durchführen zu können, entwickeln die am Projekt beteiligten Doktoranden von Professor Woernle, Andreas Schulze und Johannes Luthe, ein neuartiges, modellbasiertes Konzept, das bereits Experten überzeugt hat: Die Forschungsarbeiten wurden von der Ingenieurkammer Mecklenburg-Vorpommern mit einem Anerkennungspreis gewürdigt.

Doch für einen robusten Lebensdauerschätzer reichen diese Messungen allein nicht aus. Entscheidend ist, die gemessene Verformung mit dem jeweiligen Materialverhalten in Verbindung zu bringen. Insbesondere bei den im Rotorblatt verwendeten Verbundwerkstoffen ist der Forschungsbedarf noch hoch. Dieser Thematik widmen sich die Doktoranden Richard Fink und Stephan Häusler am Lehrstuhl für Strukturmechanik, der von Professorin Manuela Sander geleitet wird. „Bei uns steht die Materialermüdung im Fokus des Forschungsprojekts“, sagt sie. Um bewerten zu können, wie stark sich die gemessenen Verformungen auf das jeweilige Konstruktionsmaterial auswirkt, müssen hunderte Versuche im Labor des Lehrstuhls durchgeführt werden. Erst dann können Rückschlüsse auf die Nutzungsreserven der Anlage gezogen werden. Am Ende werden alle Erkenntnisse in einem einfach zu handhabenden Simulationsmodell abgebildet, damit die Berechnung der Lebensdauerreserve online im Betrieb erfolgen kann.  Text: Wolfgang Thiel

Kontakt:
Professor Christoph Woernle
Universität Rostock
Lehrstuhl für
Technische Mechanik / Dynamik
Telefon: +49 381 498-9360
christoph.woernle@uni-rostock.de

 


Zurück zu allen Meldungen