Entscheidung im Fall Dissertation Manja Schreiner

Kritisiert wird vor allem die Anzahl der wörtlichen Übernahmen, die nicht als wörtliche Textübernahmen den wissenschaftlichen Zitiergepflogenheiten entsprechend mit Anführungszeichen ausgewiesen sind. Auch wenn Frau Schreiner ganz überwiegend die Originalquellen angegeben und zitiert hat, ist der Fakultätsrat der Ansicht, dass die Übernahmen fremder Textpassagen in einer Gesamtschau ihrer quantitativen Anteile und ihres qualitativen Gewichts auf die Dissertationsschrift einen solch prägenden Einfluss nehmen, dass deren Anfertigung nicht mehr dem Gebot der Eigenständigkeit entsprochen hat.

Der Fakultätsrat verkennt dabei nicht, dass nicht gesetzte Anführungszeichen eine andere qualitative Bewertung zulassen als das gänzliche Verschweigen nicht nur der wörtlichen Übernahme des Textes, sondern auch und insbesondere der Originalquelle. Insoweit weicht der vorliegende Fall von anderen populär gewordenen Fällen (etwa: Guttenberg, Schavan, Mathiopoulos) ab. Die Anzahl der wörtlich übernommenen Textfragmente gibt der Arbeit aber gleichwohl eine so starke Prägung, die das vorliegende Verfahren wiederum allein in quantitativer Hinsicht auch von Fällen unterscheidet, die (wie etwa der Fall Steinmeier) unter der von der verwaltungsgerichtlichen Praxis herausgearbeiteten „Erheblichkeitsschwelle“ verbleiben.

Die Quantität der Fehler und ihre qualitative Gewichtung ließen den Fakultätsrat zu dem Schluss kommen, dass das Werk den Ansprüchen an eine wissenschaftliche Arbeit nicht genügt. Daher hätte Frau Schreiner der Doktorgrad nicht verliehen werden dürfen. Der Fakultätsrat hat daher einstimmig beschlossen, den Doktorgrad wieder zu entziehen.

Der Fakultätsrat ist sich darüber hinaus durchaus bewusst, dass der Entzug des Doktortitels eine schwerwiegende Maßnahme darstellt und hat sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht. Frau Schreiner zeigte sich während des gesamten Verfahrens auskunftsbereit und kooperativ. Sie wurde angehört und Ihre Stellungnahmen waren Gegenstand der sachlichen und rechtlichen Erwägungen.

Allgemeiner Hintergrund zum Beschluss des Fakultätsrats:

Anfang August 2023 berichteten überregionale Medien von Unregelmäßigkeiten in einem neuerlichen Plagiatsfall. Der Vorwurf betraf die Berliner Verkehrssenatorin Manja Schreiner und ihre Dissertation, die an der Juristischen Fakultät Rostock die Grundlage ihrer Promotion zum Dr. iur. gebildet hat. „Auf 118 von 169 untersuchten Seiten seien Fundstellen von Plagiaten dokumentiert worden, hieß es auf dem Portal VroniPlag Wiki, für das ehrenamtliche Fachleute Dissertationen analysieren. Dies entspreche einem Anteil von 69,8 Prozent aller Seiten“ dokumentiert das Magazin „Forschung & Lehre“ eine entsprechende dpa-Meldung.

Die Doktor-Arbeit mit dem Titel „Arbeitnehmerberücksichtigung im Übernahmerecht“ wurde mit „cum laude“ bewertet und der Fakultät zur Annahme empfohlen. Die mündliche Prüfung erfolgte am 26. Januar 2007. Das Promotionsverfahren liegt mithin 17 Jahre zurück. Die beiden Gutachter sind seit längerem im Ruhestand. Die Arbeit wurde 2008 im VDM Verlag publiziert.

Mit Schreiben vom 7. August 2023 hat Frau Schreiner Universität und Fakultät um eine Prüfung der gegen ihre Promotionsschrift erhobenen Vorwürfe gebeten. Die öffentlich auf den Seiten von VroniPlag einseh- und downloadbare Dokumentation unter dem Namen „Eine kritische Auseinandersetzung mit der Dissertation von Dr. Manja Schreiner“ wurde am 10. August 2023 von Frau Prof. Dr. Debora Weber-Wulff an die Rektorin der Universität Rostock Prof. Dr. Elizabeth Prommer und den Dekan der Juristischen Fakultät Prof. Dr. Jörg Benedict ebenfalls mit der Bitte gesandt: „ein Verfahren einzuleiten, um die Arbeit zu überprüfen und ggf. Konsequenzen zu ziehen.“

Im Kollegium der Juristischen Fakultät bestand von Anfang an Einigkeit darüber, dass aufgrund der öffentlich gewordenen Vorwürfe eine Überprüfung der Arbeit ganz unabhängig von etwaigen Anträgen zu erfolgen hat. Auf seiner Sondersitzung vom 23. August 2023 hat der gem. § 19 Promotionsordnung für das weitere Verfahren und die eventuell in Rede stehende Entziehung des Doktortitels zuständige Fakultätsrat der Juristischen Fakultät das weitere Vorgehen besprochen und zur Vorbereitung einer begründeten Entscheidung einen „Plagiat-Prüfungsausschuss“ eingesetzt. Die Aufgabe des Ausschusses bestand darin, die Dissertation von Frau Schreiner mit Blick auf die bestehenden Vorwürfe kritisch zu prüfen und eine begründete Entscheidung des Fakultätsrates gutachterlich vorzubereiten.

Im Januar wurde der Abschlussbericht des Plagiats-Prüfungsausschusses dem Fakultätsrat vorgestellt und eingehend besprochen. Frau Schreiner wurde um eine Stellungnahme gebeten, die im April Gegenstand einer finalen Aussprache und Entscheidungsfindung im Fakultätsrat war.

Der Beschluss zur Entziehung des Doktorgrades beruht auf § 19 der Promotionsordnung der Juristischen Fakultät der Universität Rostock in Verbindung mit § 48 VwVfG M-V.

 

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