Oktagon erinnert Rostocker Chemiker an prominente Geometrien in der Architektur

Masterstudentin Jule Philipp und Professor Ralf Ludwig mit der aktuellen Titelseite der Fachzeitschrift für Physikalische Chemie. Das Motiv zeigt ein Oktagon aus Molekül-Ionen. (Foto: Universität Rostock/Julia Tetzke).
Masterstudentin Jule Philipp und Professor Ralf Ludwig mit der aktuellen Titelseite der Fachzeitschrift für Physikalische Chemie. Das Motiv zeigt ein Oktagon aus Molekül-Ionen. (Foto: Universität Rostock/Julia Tetzke).

„Solche Strukturen sind auch in der Chemie bekannt“, sagt Professor Ludwig. Dass die Rostocker nun aber in theoretischen Studien zeigen konnten, dass Ringstrukturen sogar aus acht positiv geladenen Molekül-Ionen gebildet werden können, ist ziemlich überraschend. „Die gleichnamigen positiven Ladungen müssten sich eigentlich abstoßen und auseinanderfliegen“, sagt Professor Ludwig. Zu dieser „Coulomb-Explosion“, die die Wechselwirkung zwischen Ladungen beschreibt, komme es aber nicht, weil die Kationen über sogenannte Wasserstoffbrücken zusammengehalten werden. Überraschend ist dieses Ergebnis auch für Kooperationspartner der Rostocker Chemiker von der Universität Yale und der Western Australia University in Perth. Warum? Für rein kationische Strukturen wurde eine ausreichende Stabilität bisher nur für Sechsringe nachgewiesen. Dass nun sogar acht Molekül-Ionen in die Ringstruktur eingebaut werden können, liegt daran, dass gleichzeitig die abstoßende Coulomb-Wechselwirkung verringert und die anziehenden Wasserstoffbrücken verstärkt werden. Dabei fühlen sich die acht Molekül-Ionen in einem Oktagon besonders wohl: eine wahrhaft elegante geometrische Figur.

Dieses Ergebnis hat auch Master-Studentin Jule Kristin Philipp überrascht. Die gebürtige Rostockerin wusste schon vor ihrem Studium, wie sie sagt, dass sie einmal im Arbeitskreis von Professor Ludwig „landen“ möchte. Bereits in der 11. Klasse wurde die heute 21-Jährige zu einem Kurs der Deutschen Schülerakademie eingeladen, der sich mit Quantenchemie befasste. „Das empfand ich als superspannend“, sagt die engagierte Studentin, die sich gleich informierte, ob es an der Universität Rostock ein solches Forschungsgebiet gibt. Dabei stieß sie auf Professor Ludwig. Sie hat zu dem aktuellen Thema ihre Bachelorarbeit geschrieben und „grundlegende Erkenntnisse gewonnen“, wie sie betont. Dass man Vorhersagen treffen kann, die ganz neue Erkenntnisse ermöglichen, das begeistere sie.

Professor Ludwig versucht so früh wie möglich, Studierende in die Forschung einzubinden. „Gute Leute, die früh demonstrieren, was sie können, die fachlich clever, gut organisiert und wissbegierig sind, gehören zu den Wissenschaftlerinnen von morgen“, ist seine Devise.

Die äußerst positiv begutachtete wissenschaftliche Arbeit von Professor Ludwig und seinem Team wurde mit einer Titelseite und einem Autorenprofil in der Zeitschrift ChemPhysChem ausgezeichnet. Alle Beiträge sind frei zugänglich („open access“) und können von Interessierten eingesehen oder heruntergeladen werden. Text: Wolfgang Thiel             

Link:https://chemistry-europe.onlinelibrary.wiley.com/toc/14397641/2020/21/21

 

Kontakt:
Professor Ralf Ludwig
Universität Rostock
Institut für Chemie
Tel.: +49 381 498-6517
Web: www.ludwig.chemie.uni-rostock.de

 


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