Japaner macht seinen Doktor über Plattdeutsch

Dr. Christoph Schmitt, Nobuharu Kakuchi und Werner Brinckmann (v.l.) fachsimpeln über Plattdeutsch. (Foto: Universität Rostock/Wolfgang Thiel).
Dr. Christoph Schmitt, Nobuharu Kakuchi und Werner Brinckmann (v.l.) fachsimpeln über Plattdeutsch. (Foto: Universität Rostock/Wolfgang Thiel).

Dorthin hat Werner Brinckmann, der das Gesicht des Rostocker Bäukerdags präsentiert und diese Veranstaltung jährlich im Botanischen Garten der Universität organisiert, den jungen Japaner eingeladen. Der 77-Jährige hatte durch einen Freund aus Kiel erfahren, dass dort ein Japaner über Plattdeutsch promoviert und war sofort hellauf begeistert. Er suchte den Kontakt und lud den Platt sprechenden jungen Japaner nach Rostock ein. „Es ist der erste Japaner, der seinen Doktortitel über Plattdeutsch macht“, sagt Brinckmann, der im Heimatverband Mecklenburg-Vorpommern organisiert ist. Brinckmann ist rastlos tätig, damit die Tradition des norddeutschen „Schnacks“ nicht einschläft. Er hat beispielsweise im Wossidlo-Archiv der Universität Rostock Dr. Christoph Schmitt bei der Digitalisierung von zwei Millionen handschriftlichen Zetteln in plattdeutscher Sprache ehrenamtlich unterstützt und hierher nun Nobuharu Kakuchi zum Gedankenaustausch geholt. Der zeigte sich hellauf begeistert, wie in der Wossidlo-Forschungsstelle das Plattdeutsche bewahrt und erforscht wird. Besonders interessierte sich Herr Kakuchi für das digitale Archiv „WossiDiA“, das die Forschungssammlung Richard Wossidlos über das Internet frei zugänglich macht. Somit kann er die niederdeutschsprachlichen Handschriften aus Mecklenburg auch später in seiner japanischen Heimat einsehen.

Plattdeutsch habe bestimmte Beziehungen zu skandinavischen Sprachen, unterstreicht der Japaner in gutem Deutsch. „Der Ausdrucksreichtum ist auf Plattdeutsch sehr bildhaft und groß“. Den Faden nimmt Dr. Schmitt auf und hat gleich ein Beispiel parat: Kiek oewer`n tun („Schau über den Zaun“ als Name für die Kapuzinerkresse, weil diese an Gartenzäunen hochrankt). Kakuchi begeistert das plattdeutsche Fachgespräch, und gern hört er einer kleinen Lektion von Dr. Schmitt zu, der ihm kurz etwas zu Richard Wossidlo, dem bedeutenden Volkskundler, Feldforscher und Sprachsammler erklärt. Spontan sagt Kakuchi: „Für meine wissenschaftliche Arbeit komme ich gerne an die Universität Rostock“.

Plattdeutsch habe eine weltweite Bedeutung, werde von Japan bis Brasilien und bis weit hinein in den nordamerikanischen Raum gepflegt, unterstreicht Christian Peplow, hauptamtlicher Leiter der Geschäftsstelle Vorpommern des Heimatverbandes Mecklenburg-Vorpommern. Er pflegt die Zusammenarbeit mit der Wossidlo-Forschungsstelle der Universität Rostock und unterstreicht ihre Bedeutung für das Kulturgut des Plattdeutschen. Der Platt schnackende Japaner, der in sein Doktorarbeit weten will, woans de Lüd‘ schnacken daun, ist hellauf begeistert von Rostock und der ehrwürdigen Universität. Bei Familie Brinckmann erhielt er sein Lieblingsessen: Grünkohl mit süßen Kartoffeln. Und im Botanischen Garten gab es einen regen Austausch mit plattdeutschen Autoren. Text: Wolfgang Thiel

Kontakt:
Wossidlo-Forschungsstelle für Europäische Ethnologie/Volkskunde
Universität Rostock
Dr. Christoph Schmitt              
Tel.: +49 381 498-1051 1053              
christoph.schmittuni-rostockde
www.volkskunde.uni-rostock.de


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