Rostocker Forscherin untersucht Ostseedünen und findet „kleine Startups“

Sandra Kammann erforscht im Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft Bodenkrusten und wertet die Proben am Computer aus (Foto: Julia Tetzke/Universität Rostock).
Bild 2 u. 3: Eine biologische Bodenkruste an der Ostsee. Zu sehen sind Moose, welche in enger Verbindung mit den im Sand lebenden Algen stehen (Foto: Sandra Kammann/Universität Rostock).

Für ihre Untersuchungen, hat Sandra Kammann auf Rügen sowie auf dem Darß, in der Kernzone des Nationalparks Vorpommersche Boddenlandschaft, unzählige Proben von Bodenkrusten auf Ostseedünen entnommen. Wie man sich das vorstellen muss, erklärt die Forscherin so: „Man braucht anfangs ein gutes Auge, aber wenn man die grünen Besiedler des Dünensandes einmal entdeckt hat, übersieht man sie nie wieder. Dann braucht es nur noch Petrischale und Spatel, und die Probenahme kann beginnen.“

Als eine der ersten Wissenschaftlerinnen überhaupt hat Sandra Kammann an diesen Standorten die Bodenkrustengemeinschaft innerhalb eines heterogenen Dünenbereiches, einem Mosaik aus nährstoffarmen Lebensräumen, beschrieben.

Ihr Doktorvater Professor Ulf Karsten sagt: „Sandra Kammann hat sich erstmalig mit der Bedeutung der sogenannten niederen Vegetation, also mit den Algen, Flechten und Moosen auf ganz verschiedenen Dünentypen auseinandergesetzt. Diese Vegetation besiedelt erstaunlich hohe Flächenanteile und spielt für die ökologischen Funktionen der Düne eine sehr wichtige Rolle. Der Sand sei in der Regel sehr nährstoffarm. Wichtig sei daher die Bodenbedeckung insbesondere für den Erosionsschutz. „Sandkörner werden dadurch nicht so leicht weggeweht, so dass sich Boden durch den Eintrag von Nährstoffen bilden kann, wodurch letztendlich höhere Pflanzen profitieren", betont Professor Karsten. „Wir konnten zeigen, dass die Krusten, neben weiteren Nährstoffen, auch viel Phosphor anreichern und damit den Boden verbessern. Sie wirken wie so eine Art Dünger. Das hat zur Folge, dass sich auch höhere Pflanzen potentiell ansiedeln können“, sagt die Doktorandin.

Mehr als 200 Arten seien an der Krustenbildung auf den Ostseedünen beteiligt. Diese Vielfalt hat die Forscher überrascht. Jetzt wollen sie die einzelne Funktion der Arten im Zusammenspiel ergründen, erzählt Ulf Karsten. Denn: „Krusten haben eine große Bedeutung für den Küstenschutz.“ Sandra Kammann ergänzt: „Diese Lebensgemeinschaften tragen wesentlich zur Anreicherung lebenswichtiger Nährstoffe im Dünensand bei. Deshalb bezeichnen wir sie als Pioniergesellschaft, ich bezeichne sie auch gern als ‚kleine Startups‘. Denn neben der Nährstoffanreicherung stabilisieren sie den losen Sand und tragen so zum Dünenerhalt bei.“ Die Erkenntnis: Die Bodenkrusten erhalten den schützenswerten Lebensraum der Küstendünen. Dieser sei ja nicht nur Naherholungsgebiet, sondern auch Lebensraum für seltene Tier-und Pflanzenarten, wie beispielsweise der Dünenheide. Zudem würden sie das Hinterland vor zunehmenden Sturmfluten schützen, erläutert Sandra Kammann. „Außerdem können Bodenkrusten auch Wasser speichern. Gerade in Trockengebieten oder polaren Kältewüsten profitieren ganze Landstriche von ihrer Besiedlung.“

Die von Sandra Kammann gesammelten Erkenntnisse dienen der Grundlagenforschung. Fest stehe aber schon jetzt, dass diese besonderen Lebensgemeinschaften das Dünenbild formen und erhalten, sagt die Biologin, die mit Leidenschaft einen Kleingarten ihr eigen nennt. „Mein Garten ist ein Ort, wo meine Hängematte steht und ich abschalten kann, wo ich die Natur nicht nur erforsche, sondern auch genießen kann“, sagt sie. Text: Wolfgang Thiel

 

Kontakt:
Sandra Kammann
Universität Rostock
Institut für Biowissenschaften
sandra.kammannuni-rostockde

 

 

 

 

 

 


Zurück zu allen Meldungen