Rostocker Wissenschaftler erforschen Lebensdauer von Unternehmen

Doktorandin Anne-Marie Toparkus erforscht die Lebensdauer von deutschen Unternehmen (Foto: Thomas Rahr/Universität Rostock).

„Durch das Mathematik-Studium an der Universität Rostock habe ich ein universelles Werkzeug als Grundlage für meine wissenschaftliche Arbeit mitbekommen“, sagt Anne-Marie Toparkus, Doktorandin am Lehrstuhl für Statistik und Ökonometrie der Universität Rostock. In ihrer Forschung geht es um die durchschnittliche Lebensdauer von Firmen. Um diese zu berechnen, entwickelte die Rostocker Arbeitsgruppe um Professor Rafael Weißbach ein Modell, das aus den Gründungs- und Schließungsdaten von Unternehmen ihre durchschnittliche Lebensdauer ermittelte. Das Ergebnis sind zwölf Jahre. Die Erkenntnisse von Anne-Marie Toparkus zeigen auch, dass bisher keine starke Zunahme der Lebenserwartung von Firmen nachweisbar sei. Es bleibt also bei im Schnitt zwölf Jahren. Nachweislich sind aber regionale Unterschiede, so leben beispielsweise süddeutsche Firmen ein Jahr länger als norddeutsche. Das kam im Rahmen einer Masterarbeit heraus, die Anne-Marie Toparkus jüngst betreut hat.

„Eine besonders gut zu erfassende Art der Schließung ist die Insolvenz, weswegen ich Augenmerk auf die Lebensdauer insolventer Firmen lege“, erläutert Anne-Marie Toparkus, die als Jahrgangsbeste ihr Masterstudium der Wirtschaftsmathematik abgeschlossen hat. Die Methodik zur Datenauswertung sei kompliziert, bestätigt Professor Weißbach, der von Hause aus Mathematiker ist. Im Vergleich ließe sich die durchschnittliche Lebenserwartung von Menschen einfacher berechnen. „Denn die Geburt wird in einem Register klar erfasst, und auch der Tod wird dokumentiert.“ Bei Unternehmen sei dies schwieriger.

Einen Ansatzpunkt bietet jedoch die Schließungsrate, also das Verhältnis der innerhalb eines Jahres geschlossenen Firmen zur Gesamtzahl der bestehenden Unternehmen. „Werden etwa fünf Prozent der Firmen binnen eines Jahres geschlossen, überleben Firmen im Schnitt zwanzig Jahre“, erläutert Rafael Weißbach. Unternehmensinsolvenzen seien sehr gut zu erheben, weil Insolvenzen bei Gericht angemeldet und – zum Schutz von Gläubigern – veröffentlicht werden. Problem sei jedoch der Bestand an Unternehmen. Hierfür nutzt die Arbeitsgruppe eine statistische Schätzmethode, die bereits in den 1940er Jahren vorgeschlagen wurde.

Die Erkenntnisse der Rostocker Forscher sind nicht nur für die Wirtschaft selbst interessant. „Auch Anleger müssen sich über das Risiko einer Insolvenz der Unternehmen, denen sie – implizit über Banken oder explizit über den Kauf von Unternehmensanleihen – Geld leihen, im Klaren sein“, verdeutlicht Rafael Weißbach. Seiner Meinung nach muss nicht zuletzt auch die Geschäftsführung jedes Unternehmens dieses Risiko im Blick haben, selbst in Kreditverhandlungen mit den Banken. Zudem sieht Weißbach soziale Aspekte: „Studierende, die nicht im öffentlichen Dienst landen, sollten sich Gedanken machen, in welchem Unternehmen sie ihre Karriere starten.“ Schließlich gelte es für jeden Arbeitnehmer, sich immer wieder mit der Frage auseinanderzusetzen: Geht mein jetziger Arbeitgeber irgendwann in die Insolvenz? Deshalb sei die Studie auch ein Fingerzeig, sich ständig weiter zu qualifizieren, um für den Arbeitsmarkt und andere Unternehmen attraktiv zu bleiben. Text: Wolfgang Thiel


Kontakt:
Universität Rostock
Prof. Dr. Rafael Weißbach
Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät
Lehrstuhl Statistik und Ökonometrie
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