Warnemünder Forscher testen Herzklappen auf modernstem Prüfstand

Institutsdirektor Professor Klaus-Peter Schmitz und Verwaltungsdirektorin Andrea Bock vom Institut für ImplantatTechnologie und Biomaterialien im Gespräch im Biofluidlabor (Copyright: Universität Rostock / Julia Tetzke).
Abteilungsleiter für Biofluidmechanik Dr. Michael Stiehm und Masterstudent der Biomedizintechnik Jan Oldenburg am Herzklappenprüfstand (Copyright: Universität Rostock / Julia Tetzke).

Technik hilft heilen. Doch bevor ein Implantat in einen menschlichen Körper eingesetzt werden kann, muss es eingehend getestet werden, sonst ist das Risiko für die Patienten einfach zu groß. Am Institut für ImplantatTechnologie und Biomaterialien (IIB e.V.) in Rostock-Warnemünde werden solche Tests entwickelt. Auf den Prüfstand kommen zum Beispiel künstliche Herzklappen und Gefäßimplantate, sogenannte Stents, aus aller Welt, aber auch von der anderen Straßenseite vom Medizinprodukte-Hersteller BIOTRONIK/CORTRONIK. Getestet werden diese Implantate nach neuesten und anspruchsvollen Standards und Normen. Medizinprodukte von internationalen Firmen, darunter aus dem asiatischen und amerikanischen Raum, werden am IIB scharf unter die Lupe genommen und beurteilt.

Im hochmodernen Labor des An-Instituts der Universität Rostock steht seit kurzem ein Herzklappenprüfstand. Der kommt aus den USA. „Das ist das Neueste, was es derzeit auf der Welt zum Prüfen von Herzklappen gibt“, sagt Institutsdirektor Professor Klaus-Peter Schmitz nicht ohne Stolz. „Der Messwert ist uns heilig für die Sicherheit der Patienten“. So werde die Qualität des Blutstroms durch die Klappe gemessen und bewertet, um die Bildung von gefährlichen Blutgerinnseln zu verhindern. Mit dieser neuen Technik kann die Funktion des Herzens unter Laborbedingungen nachempfunden werden. So können neue Herzklappenprothesen, die in Warnemünde im Labor alle Prüfungen bestanden haben, zeitnah in der Klinik zum Wohl der Patienten eingesetzt werden.

Das Schweriner Wirtschaftsministerium hat diese nicht alltägliche Investition des als Kompetenzzentrum für Medizintechnik agierenden Instituts möglich gemacht. Damit verfügt es über eine weltweit konkurrenzfähige Geräte-Ausstattung, die insbesondere der regionalen Wirtschaft zugutekommt. Das ist ein Anliegen, das Verwaltungsdirektorin Andrea Bock stets im Blick hat. „Unsere Forschungsergebnisse fließen unmittelbar in die regionale Wirtschaft ein“, betont Andrea Bock.

Doch in den Warnemünder Laboren wird nicht nur geprüft. „Wir erarbeiten gemeinsam mit Kardiologen der Universitätsmedizin Rostock um Professor Hüseyin Ince und Dr. Alper Öner neue Qualitäts-Kriterien und Prüfmethoden für Herzklappen und entwickeln zudem neue Designs beziehungsweise Klappenformen“, erläutert Professor Schmitz. Die neue Generation von künstlichen Herzklappen lässt sich wie ein Regenschirm zusammenfalten und minimalinvasiv über einen Katheter an die Stelle der defekten Klappe im Patienten platzieren. Dort wird die neue Herzklappe entfaltet und nimmt sofort ihren Dienst auf. Der Brustkorb des Patienten muss dazu nicht mehr geöffnet werden.

Die hochspezialisierten Ingenieure im Team von Professor Schmitz haben sich nun das Ziel gesetzt, die Bildung von Wirbeln beim Durchströmen des Implantates durch entsprechende Designs zu vermeiden. Damit würde die Gefahr der Bildung  von Blutgerinnseln verringert. Sein 25-köpfiges Team erschließt sich gemeinsam mit den Mitarbeitern des Instituts für Biomedizinische Technik der Universitätsmedizin Rostock, unter der Leitung von Professor Niels Grabow, neue Forschungsgebiete, wie beispielsweise Implantate zur Therapie des Vorhofflimmerns.

Eine Aufgabe, die viel Ingenieurskunst verlangt. Dr. Michael Stiehm beherrscht sie und ist mit Begeisterung für diese Aufgabe am Werk. „Man muss sich mit der Physiologie des Menschen auskennen“, sagt der 34-Jährige, der an der Universität Rostock Maschinenbau studierte und promovierte und dessen Spezialgebiet die Strömungslehre ist. Es gehe um das Einstellen der richtigen Drücke und Flüsse sowie eine hochgenaue Analyse der Messdaten von Herzklappen. Diese Forschung, die auch in die Entwicklung neuer Therapie- und Diagnostikplattformen mündet, macht die Entwicklung neuer Implantate möglich. Durch bilaterale Forschungsverträge des Instituts mit international agierenden Unternehmen und Forschungseinrichtungen haben die Warnemünder Wissenschaftler den Blick weit über den eigenen Tellerrand hinaus gerichtet.

Dieses medizintechnische Spezialgebiet begeistert auch den Master-Studenten der Biomedizintechnik, Jan Oldenburg. Für eine hohe Implantat-Sicherheit all sein Wissen in die Waagschale zu werfen, das sei sein ethischer Anspruch, beschreibt der Student seine Motivation für sein Engagement in der Forschung. Denn, wer etwas entwickle, der müsse in der Regel auch testen, ob es funktioniert. „Bei Implantaten, die einem Menschen eingesetzt werden, ist das eine anspruchsvolle Aufgabe“, weiß Jan Oldenburg.

Text: Wolfgang Thiel

Kontakt:
Prof. Dr.-Ing. habil. Klaus-Peter Schmitz
Tel.:  +49 381 54345-600
E-Mail: schmitz@iib-ev.de
http://www.iib-ev.de

 

 


Zurück zu allen Meldungen