Instruktion für den Vizekanzler der Universität 1837
Instruktion für den Vizekanzler der Universität Dr. C. F. von Both
Paul Friedrich, v. G. G. Großherzog von Mecklenburg etc.
Bei  der geschehenen Ernennung Unsers Vice-Canzlei-Directors von Both zum  Vice-Canzler Unserer Universität zu Rostock, ist es nicht Unsere Absicht  gewesen, die Uns, als Landesherr, Patron und Canzler der Universität  zustehenden und obliegenden, durch Unsere Regierung ausgeübte  Ober-Aufsicht und Leitung der Angelegenheiten derselben auf ihn zu  übertragen und die unmittelbaren Beziehungen derselben zu Uns und  Unserer Regierung aufzuheben; denn zu sehr ist Uns die Wohlfahrt der  Academie ans Herz gewachsen, als daß Wir Uns der eigenen Sorge dafür  entschlagen möchten. So wie Wir daher Unserer Regierung alle  unmittelbare Competenz über die Universität, insbesondere auch in den  zur Ausübung des Canzellariats gehörenden Gegenständen ausdrücklich  vorbehalten, so halten Wir es doch anderseits für angemessen, Unserm  Vice-Canzlei-Director von Both, durch seine Ernennung zum Vice-Canzler  nicht nur ein ehrendes Anerkenntnis seiner vielfachen Verdienste um die  Universität, sondern auch eine Stellung zu geben, wodurch er einerseits  in eine innigere Verbindung mit der Academie gebracht und wonach er als  dazu gehörend von den Lehrern sowohl, als von den Studirenden angesehen  werde, anderseits aber auch sich im Stande sehe, den Angelegenheiten der  Academie seine beständige Sorgfalt zu widmen und damit und dabei  Unserer Regierung, zumal in solchen Dingen, deren richtige Beurtheilung  aufs nur an Ort und Stelle zu erwerbende, vollständige Kenntniß von  Thatsachen und äußeren Zuständen zu begründen ist, mit Rath und That zu  Hülfe zu kommen. Ohne durch diese Anstellung eine eigene Zwischenbehörde  zwischen Unserer Regierung und Unserer Universität constituiren zu  wollen, sehen Wir vielmehr nur darin den Vereinigungs- und  Vermittelungs-Punkt Unserer wohlwollenden Absichten in Bezug auf die  Academie und ihrer eigenen Wünsche und erkennen in dem Unserm  Vice-Canzler von Both zugewandten beiderseitigen Vertrauen eine sichere  Bürgschaft seiner segensreichen Wirksamkeit.
Wir wollen nun, nach  diesen allgemeinen Andeutungen, den amtlichen Wirkungskreis Unsers  Vice-Canzlers von Both noch näher dahin bezeichnen:
§ 1
Alles,  was zur möglichst vollkommenen Erreichung der Zwecke der Universität,  was zum wahren Flor derselben, zu ihrer Aufnahme, Sicherheit und  Verbesserung im Ganzen und in ihren Theilen dienen kann, sei Gegenstand  seiner Aufmerksamkeit und Thätigkeit, welche letztere er theils durch  unmittelbare Einwirkung auf die dabei concurrirenden Behörden und  Institute, theils und besondere aber durch die Hathschläge auszuüben  hat, welche Wir zu solchem Behufe bei Unserer Regierung von ihm  erwarten. Unser Vice-Canzler soll auch, im Allgemeinen, über die der  Universität verliehenen Rechte, Privilegien und Immunitäten sorgfältig  wachen, und in allen vorkommenden Fällen die Erhaltung ihrer Vorzüge,  ihres Ansehens und ihrer Gerechtsame erforderlichen Orts vertreten und  unterstützen, den Gemeinsinn für die Universität wecken, ihn da, wo er  sich findet, sorgfältig pflegen und zu redlichen Bestrebungen für das  wahre Beste der Academie ermuntern, die Hindernisse seiner Wirksamkeit  aus dem Wege räumen.
§ 2
Es ist jedoch Unser bestimmte  Wille, daß der Universität das Wesen einer deutschen Hochschule erhalten  werden, mithin nicht nur ihre wissenschaftliche Thätigkeit frei sein,  sondern sie sich auch innerhalb der Grenzen ihrer corporativen Rechte,  so wie solche gesetzlich geordnet sind, frei und selbständig bewegen  soll; in sofern aber diese ihre Selbstthätigkeit an gewisse Regeln  gebunden sein muß, liegt es Unserm Vice-Canzler von Both zur Pflicht,  die Beobachtung solcher Regeln von Seiten der Academie und ihrer  Angehörigen zu bewachen und damit selbige allseitig besser erkannt und  dem Bedürfnisse der Zeit angepaßt werden, soll er es sich besonders  angelegen sein lassen, daß die schon längst beabsichtigten Statuten der  Academie und ihrer einzelnen Facultäten, nach weiterer gründlichen  Bearbeitung, zu Unserer Landesherrlichen Bestätigung gebracht,  imgleichen für die Verwaltung der verschiedenen academischen Institute  zeit- und zweckgemäße Regulative, in soweit es noch daran fehlt,  ertheilet werden.
Auch die Sorge für die Vervollständigung und  Verbesserung der academischen Disciplinar-Gesetze und die Controlle über  deren tüchtige Handhabung gehört zu den Official-Pflichten des  Vice-Canzlers.
§ 3
In sofern die möglichst vollkommene  Erfüllung der Zwecke der Universität das Ziel der Bestrebungen Beider  ist, vereinigt sich die Wirksamkeit Unsers Vice-Canzlers mit der der  Corporation. Bleibt zwar die gesetzgebende und aufsehende Gewalt über  die Universität der unmittelbaren Ausübung durch Unsere Regierung  allwege vorbehalten, so ist Unser Vice-Canzler doch vollkommen befugt,  sowohl an Rector und Concilium als an die einzelnen Facultäten, minder  nicht an alle übrige Universitäts-Angehörige und Beamte diejenigen  Mittheilungen, Ermahnungen oder Aufforderungen zu erlassen, welche er im  Interesse der Academie, zur Ausführung der von Uns ihm ertheilten  Befehle und überhaupt zur gehörigen Erfüllung der ihm nach Unserer  gegenwärtigen Instruction obliegenden Pflichten, für erforderlich hält  und sind daher die Behörden, Beamte und Angehörige der Universität  verpflichtet, den Aufforderungen zu genügen, welche Unser Vice-Canzler  an sie gelangen lassen wird. Namentlich soll es ihm unbenommen sein, bei  vorkommenden Veranlassungen nach seinem Ermessen, das Concilium  integrum unter seinem Vorsitz zusammen zu berufen, oder den allgemeinen  Versammlungen des Concilii berathend beizuwohnen, auch von den  Verhandlungen in den Facultäts-Sitzungen Kenntnis zu nehmen, von Zeit zu  Zeit oder fortlaufend sich Alles, was bei dem Concilio integro, dem  Goncilio arctiori und dem Rector vorgekommen, nebst den Acten und  Missiven vorlegen zu lassen.
§ 4
Vertrauen Wir zwar den  Einsichten und Erfahrungen Unsere Vice-Canzlers von Both , daß er die  Zwecke der Academie und die zur gesicherten Verfolgung derselben  geeignetsten Mittel selbst erkennen und danach seine Handlungsweise  einzurichten wissen werde, so wollen Wir es ihm doch insbesondere zur  Pflicht machen:
1) dahin zu sehen, daß sämmtliche academische  Lehrer, Sprach-und Erercitienmeister mit vereinigten Kräften und  Gesinnungen sich den Unterricht und die Bildung der studirenden Jugend  angelegen sein lassen und nicht nur selbst sich friedlich und  freundschaftlich gegen einander betragen, sondern auch die Studirenden  dazu anhalten;
2) den academischen Instituten seine beständige  Sorgfalt zu widmen, damit sie in einer ihrer Bestimmung zusagenden  Verfassung bleiben. Es gilt dies namentlich auch von der  Juristen-Facultät, als Spruch-Collegium, über deren Betrieb er  regelmäßig alle halbe Jahre detailliarte Anzeige zu begehren und darüber  an Uns zu berichten hat;
3) Allem, was zur Beförderung des  Fleißes, der Sittlichkeit, guten Ordnung und des äußern Anstandes unter  den Studirenden dienen kann, seine unausgesetzte Aufmerksamkeit zu  widmen.
§ 5 Wir übertragen Unserm Vice-Canzler von Both ferner
1)  die Censur der von den Professoren und Privatdocenten herauszugebenden  Schriften, auch anderer, an der Universität erscheindnden Drucksachen,  Programme, Gelegenheits-Schriften etc.in Gemäßheit der darüber  bestehenden Gesetzes-Vorschriften, insbesondere Unserer Verordnung vom  27. October 1819, um selbige, nach Befinden, mit dem Imprimatum zu  versehen;* und lenken seine Aufmerksamkeit auch
2) auf die  Notwendigkeit einer zweckmäßigen Ordnung und des Ineinandergreifens der  academischen Vorlesungen. Er hat daher nicht nur sein Augenmerk darauf  zu richten, daß
die Lections-Cataloge zur rechten Zeit  erscheinen, sondern selbige auch vor dem Abbdruck zu prüfen,  eventualiterdie Verbesserung derselben zu bewirken und halbjährig diese  Oataloge sowohl; als das Verzeichnis der wirklich zu Stande gekommenen  Vorlesungen Uns vorzulegen. Desgleichen hat er
3) fernerhin  darauf zu sehen, daß völlig genaue und zweckmäßig eingerichtete Ab- und  Zugangslisten der Studirenden gehalten und ihm fortwährend vorgelegt  werden, welche Listen gleichfalls zu Anfange eines jeden Semesters,  sobald die Vorlesungen ihren Anfang genommen und weitere  Immatriculirungen nicht mehr stattfinden dürfen, anhero einzureichen  sind.
§ 6
In Ansehung der Doctor-Promotionen wollen Wir es  bei dem bisherigen Verfahren, wonach zu solchem Behufs das  Procanzellariat jedesmal specialiter dem jetzigen Decane der  betreffenden Facultät übertragen wird, bis auf Weiteres bewenden lassen.
§ 7
Die  ökonomischen Angelegenheiten der Universität sollen auch Gegenstand der  Fürsorge und Thätigkeit Unsers Vice-Canzlers von Both sein; jedoch  verbleibt es in Beziehung auf die Verwaltung derselben bei den desfalls  seit dem Jahre 1834 in Wirksamkeit getretenen Einrichtungen mit der  alleinigen Abänderung, daß Unser Vice-Canzler von Both diejenigen  Geschäfte, welche ihm dabei als Unserm Immediat-Commissarius übertragen  wurden, fortan kraft seines Amtes als Vice-Canzlsr zu führen hat.
§ 8.
Das  Verhältnis der Universität zur Stadt Rostock anlangend, empfehlen Wir  Unserm Vice-Oanzler hier nur allgemein die Sorge für die pünktliche  Aufrechthaltung und Befolgung der desfalls bestehenden Verträge und  gesetzlichen Anordnungen und wird er dahin zu wirken haben, daß auch die  Stadt, nach der im § 3. des Regulativs vom 9. August/8. September 1827  ertheilten Versicherung, die Zwecke der Academie, bei vorkommenden  Gelegenheiten, thunlichst zu befördern helfe.
§ 9
In allen  Verkommenheiten, wo Unser Vice-Canzler von Both auf den Grund Unserer  gegenwärtigen Instruktion, zu eigenen Anordnungen sich nicht  ermächtiget, gleichwohl aber Verfügungen für nothwendig oder zweckmäßig  hält, wird derselbe solche bei Unserer Regierung motivirt in Antrag  bringen, auch nicht unterlassen, über alle erhebliche Vorgänger, deren  Kenntniß für Uns von Interesse ist, rechtzeitig zu berichten; so wie Wir  es Uns auch vorbehalten, über Angelegenheiten der Academie,  insbesondere über die Anstellung und Beförderung eines Professors, und  über die Gesuche der Professoren, Privat-Docenten und  Universitats-Beamte um Zulagen, Verbesserungen und Gratificationen, sein  Gutachten, nach zuvor von ihm angestellter unparteilicher Prüfung, zu  erfordern.
Zu Michaelis eines jeden Jahres erwarten Wir aber von  Unserm Vice-Canzler von Both einen Hauptbericht über den Zustand der  Universität in den beiden abgelaufenen Semestern, der nicht nur die in  Betracht kommenden Zahlen-Verhältnisse derselben, sondern auch ein  allgemeines Bild des wissenschaftlichen Treibens auf der Universität  enthalten und die darunter besonders bemerkenswerten Momente näher  bezeichnen muß. Es sind demselben Verzeichnisse der Schriften und  gelehrten Aufsätze, die in dem abgelaufenem Jahre erschienen, sowie auch  eine Übersicht der vorgefallenen Promotionen anzuschließen, und  besondere Aufmerksamkeit ist dabei den verschiedenen academischen  Instituten zu widmen, um ihre Verhältnisse und Wirksamkeit ins Licht zu  stellen, zu welchem Behufe Unser Vice-Canzler sich von den einzelnen  Instituts-Dirigenten entsprechende Berichte abstatten zu lassen und  solche mit vorzulegen hat. Spezielle Antrage sind jedoch mit solchem  Hauptberichte nicht zu verbinden, sondern werden jene, in sofern der  Inhalt desselben in einem oder dem anderen Punkte dazu Veranlassung  geben sollte, abgesondert zu den betreffenden Special-Acten erwartet.
§ 10
Neben  dem Vice-Cancellariate bekleidet Unser Vice-Canzlei-Director von Both,  nach wie vor, den Posten eines außerordentlichen Landesherrlichen  Bevollmächtigten bei der Universität Rostock, in welcher Eigenschaft Wir  ihm jedoch eine besondere Instruction sub hodierno ertheilet haben.
§ 11
Unser  Vice-Canzler von Both hat sich zu den vorkommenden schriftlichen  Ausfertigungen eines besonderen Siegels zu bedienen: Unser  Großherzoglich Wappen mit der Umschrift: "Vice-Canzellariat der  Universität Rostock".
§ 12
Jede Veränderung gegenwärtiger Instruction bleibt übrigens Unserm Ermessen und Unserer freiesten Entschließung vorbehalten.
Wornach derselbe sich zu richten.
Gegeben durch Unsere Regierung. Schwerin, den 1. Februar 1837.
Paul Friedrich GHzM
Wandt,  Bernhard: Kanzler, Vizekanzler und Regierungsbevollmächtigte der  Universität Rostock 1419-1870. Ein Beitrag zur Universitätsgeschichte.  Diss. phil. (masch.) Rostock 1969, Anlage III. (Transkription Kersten  Krüger) 
