1418 bis 1419

08.09.1418

Gründungsurkunde von 1419

Die Stadt Rostock, zu Beginn des 15. Jahrhunderts auf der Höhe ihrer wirtschaftlichen Macht, übernahm im Interesse des Städtebundes der Hanse die Aufgabe, eine Universität einzurichten. Es sollte gewährleistet sein, daß die benötigten akademisch gebildeten Führungskräfte auf Grund der riesigen Ausdehnung des hansischen Bereichs von Lissabon bis Nowgorod nunmehr im Hanseraum direkt studieren konnten. Allerdings war Rostock als nichtreichsfreie Stadt gezwungen, zur Gründung einer Hohen Schule die Zustimmung der mecklenburgischen Landesherren einzuholen. Somit trägt das an den Papst gerichtete Antragsschreiben zur Gründung einer Universität – initiiert durch den Rat der Stadt Rostock – die Siegel der Landesherren, der Herzöge Albrecht V. und Johann IV., und das der Stadt Rostock. Die Herzöge hatten jedoch zugeben müssen, daß sie über die notwendigen Mittel zur Einrichtung einer Universität nicht verfügten, und schränkten deshalb ihre Zustimmung dahingehend ein, daß diese nur im Rahmen ihrer Befugnisse und Aufgaben erfolge.

08.09.1418

Der Bischof von Schwerin als Vertreter der an einer guten Ausbildung von Theologen interessierten Katholischen Kirche und als der Verantwortliche für das geistige Leben in seiner Diözese befürwortete in einem bewußt von den Herzögen getrennt gehaltenen Schreiben die Gründung einer Universität in Rostock.

13.02.1419

Papst Martin V. bewilligte die Einrichtung eines Studium generale, allerdings nur mit drei Fakultäten (jur, med., art.), die Theologische Fakultät blieb ausgenommen, weil häretische Ideen und Bestrebungen in Norddeutschland und im Ostseeraum nachgewiesen waren. Der Papst verlieh der zu gründenden Universität die gleichen Privilegien und Immunitäten, wie sie Wien, Leipzig und Köln bekommen hatten.(Stiftungsurkunde)

29.07.1419

Die Rostocker Bürgerschaft stimmte der Gründung einer Universität zu und beauftragte den Rat der Stadt, die erforderlichen Schritte einzuleiten.

29.09.1419

Der Rat der Stadt gab anstelle der Herzöge dem Bischof von Schwerin die vom Papst geforderte schriftliche Erklärung, daß er allein die Verantwortung für die Einrichtung einer Hochschule übernehme. Die Herzöge wurden als Beteiligte nicht mehr genannt.

12.11.1419

Die feierliche Eröffnung der Universität erfolgte in der Marienkirche zu Rostock. Magister Petrus Stenbeke aus Erfurt wurde zum Rektor gewählt. Dem Rektor, der zugleich Dekan der Artisten-Fakultät war, wurde ein Paar kleine Zepter für die als erste entstandene Fakultät übergeben. Die später folgenden Fakultäten blieben ohne Zepter. Die kleinen Zepter der Artisten-Fakultät mußten zugleich als Universitäts-Zepter dienen, weil große Zepter als Zeichen der der Universität verliehenen Autonomie und Gerichtsbarkeit von den Landesherren ausblieben.

Quelle: 575 Jahre Universität Rostock. Mögen viele Lehrmeinungen um die eine Wahrheit ringen. Rostock 1994, S. 325-326.

Weiterführende Literatur:

Schmidt, Roderich: Kräfte, Personen und Motive bei der Gründung der Universitäten Rostock (1419) und Greifswald (1456). In: Schmidt, Roderich: Fundatio et confirmatio universitatis. Von den Anfängen deutscher Universitäten. Goldbach 1998, S. 215-247.

Schmidt, Tilmann: Die Gründung der Universität Rostock im Spiegel der Urkunden. In: Jakubowski, Peter; Münch, Ernst (Hg.): Universität und Stadt. Wissenschaftliche Tagung anläßlich des 575. Jubiläums der Eröffnung der Universität Rostock. Rostock 1995, S. 9-16.

Schnitzler, Elisabeth: Die Gründung der Universität Rostock 1419. Aufsätze aus den Jahren 1954-1958. Köln 1974.

Walther, Helmut G.: Die Gründung der Universität Rostock 1419-1450 im Rahmen einer spätmittelalterlichen Universitätslandschaft. In: Wieden, Helge bei der; Schmidt, Tilmann (Hg.): Mecklenburg und seine Nachbarn. Rostock 1997, S. 107-126.

Detailansicht der kleinen Zepter

1419 bis 1519

1433

Papst Eugen IV., Nachfolger von Papst Martin, bewilligte die Errichtung der noch fehlenden Theologischen Fakultät. (Gründungsurkunde der Theologischen Fakultät)

1437-1443

Auf Grund innerstädtischer Unruhen wurde die Stadt Rostock 1431 mit Acht, 1432 mit Aberacht und 1436 mit Bann und Interdikt belegt. Die Universität wurde angewiesen, die Stadt zu verlassen. Die Universität, primär keine kirchliche Einrichtung, entschied sich hier gegen die Stadt und verlegte ihr Domizil 1437 in die Hansestadt Greifswald, wo der Lehrbetrieb bis 1439 fortgesetzt wurde, dann aber ruhte. Die Rückkehr wurde erst im Jahre 1443 möglich.

1487-1488 (Domfehde)

Nachdem gegen den Willen der Rostocker Bürgerschaft und des Rates der Stadt, gegen den Willen der vier Pfarrkirchen und der Universität die Jakobi-Kirche in Rostock (im Zweiten Weltkrieg zerstört) am 12.01.1487 zum Domstift erhoben worden war, entstanden neue Unruhen in Rostock. Die Stadt wurde mit dem Kirchenbann belegt und die Universität angewiesen, die Stadt zu verlassen. Sie entschied sich auch hier gegen die Stadt und verlegte etwa im März 1487 ihr Domizil zuerst in die Hansestadt Wismar und zog nach kurzem Aufenthalt nach Lübeck weiter. Die Universität blieb dabei bestrebt, ihr Fernbleiben von Rostock nicht zu überziehen, und kehrte im August 1488 nach Rostock zurück.

Siegel der Theologischen Fakultät

12.11.1519

Eine Feier zum hundertjährigen Bestehen der Universität wurde nach dem Brauch der Zeit vor der Reformation nicht durchgeführt. Zudem hatte im Jahre 1518 die Pest in Rostock ihre Opfer gefordert. Doch sah sich die Universität veranlaßt, auf sich aufmerksam zu machen. Sie nutzte das Jubiläum als Impuls für eine Neuorientierung des Lehrbetriebes. Die 1519 in Leipzig erfolgte Studienreform war 1520 Vorbild für eine gleichartige Reform in Rostock und für die Veröffentlichung der "Observantia lectionum in universitate Rostochiensi". Dieser Lektionskatalog ist nicht allein ein Vorlesungsverzeichnis, er gibt auch Auskunft über den damaligen Zustand und über die gelehrten Disziplinen.

Quelle: 575 Jahre Universität Rostock. Mögen viele Lehrmeinungen um die eine Wahrheit ringen. Rostock 1994, S. 326-327.

Weiterführende Literatur:

Franck, David: Die Rostocksche Universität geht nach Greifswald: 1. Zustand der Universität zu Rostock. 2. Deren Suspension und Emigration. 3. Zustand derselben zu Greifswald. In: Des Alt- und Neuen Mecklenburgs Achtes Buch von Mecklenburgs Vereinigung durch Zusammenfügung seiner Länder Güstrow. Leipzig 1754, S. 17-29.

Hergemöller, Bernd-Ulrich: Die Rostocker Domfehde. Vorgeschichte und parallellaufende Ereignisse. In: Hergemöller, Bernd-Ulrich: "Pfaffenkriege" im spätmittelalterlichen Hanseraum. Quellen und Studien zu Braunschweig, Osnabrück, Lüneburg und Rostock. Bd. 1., Köln 1988, S. 194-199.

Kändler, Wolfram C.; Wagner, Frank: Prosopographische Grundlagenforschung zur Universitätsgeschichte. Die Universitäten in Erfurt und Rostock im Spätmittelalter und das Repertorium Academicum Germanicum. In: Mecklenburgische Jahrbücher, Bd. 121 (2006), S. 69-92.

Krause, Ernst Hermann: Zur Geschichte der ersten Jahre der Universität Rostock. Rostock 1875.

Schnitzler, Elisabeth: Beiträge zur Geschichte der Universität Rostock im 15. Jahrhundert. Leipzig 1979.


1519 bis 1563

01.04.1531

Trotz hartnäckigen Widerstandes der Stadt und der Universität setzte sich die Reformation allmählich durch, sie wurde am 1.4.1531 gesetzlich proklamiert. Die Universität wurde evangelisch, es folgte eine schwierige Aufbauphase.

18.08.1560

Herzog Johann Albrecht beantragte bei Kaiser Ferdinand die Erneuerung bzw. Bestätigung der Privilegien der Universität, die mit Urkunde vom 18.8.1560 erfolgte. Alle in der päpstlichen Urkunde von 1419 genannten Privilegien blieben unangetastet.

11.05.1563

Die Wiederbelebung der Universität nach der Reformation forderte zwangsläufig auch eine Klarstellung ihres Verhältnisses zu den Landesherren und zur Stadt Rostock. Die Landesherren drängten - analog der sich stärkenden Landeshoheit - nach Einflußnahme auf die Universität, der sich die Stadt entgegenstellte. Doch Landesherren und Stadt gaben nach, es kam der als "Formula Concordiae" benannte Vergleich zustande, der die Verhältnisse der Universität grundlegend änderte. Als Besonderheit entstanden zwei durch das Konzil vereint bleibende Professoren-Kollegien, das fürstliche und das rätliche, für die jeder Patron die Finanzierung übernahm. Die Landesherren übernahmen das Patronat über die Universität, dem Rat der Stadt wurde das Kompatronat zugebilligt.

Quelle: 575 Jahre Universität Rostock. Mögen viele Lehrmeinungen um die eine Wahrheit ringen. Rostock 1994, S. 327.

Weiterführende Literatur:

Krabbe, Otto Carsten: Die Universität Rostock im 15. und 16. Jahrhundert. Rostock 1854.

Lisch, Georg C. F.: Beiträge zur Geschichte der Reformation in Rostock und des Dom-Capitels daselbst, in: JVMGA, Bd. 16 (1851), S. 9-56.

Münch, Ernst: Bürger und Academici vor dem Hintergrund der Formula concordiae. Die Universität Rostock in den Augen der Stadt. In: Jakubowski, Peter; Münch, Ernst (Hg.): Universität und Stadt. Wissenschaftliche Tagung anläßlich des 575. Jubiläums der Eröffnung der Universität Rostock. Rostock 1995, S. 69-82.

Pluns, Marko A.: Die Universität Rostock 1418-1563. Eine Hochschule im Spannungsfeld zwischen Stadt, Landesherren und wendischen Hansestädten. Köln u.a. 2007.

Detailansicht der großen Zepter
Ausfertigung der Formula Concordiae von 1577